Dienstag, 22. September 2009

Rettet den Cerrado!

"Encontro dos Povos dos Cerrado" vom 9. - 13. September in Brasília

Das Treffen der Völker des Cerrados vom 9. bis zum 13. September 2009 in Brasília war ein erneuter Versuch Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es war eindeutig zu erkennen, wie viele Personen am Schutz des Cerrados interessiert sind. Der Cerrado ist das zweitgrößte Biom Brasiliens mit einer Fläche von 200 Millionen Hektar. Aber weil jedes Jahr eine Fläche von 20.000 Quadratkilometern vernichtet wird, verringert sich das Biom stetig. Im Vergleich entspricht die Menge der abgeholzten Fläche dem Doppelten des Amazonas.
Der Cerrado ist ein Biom mit einer hohen Biodiversität in der Pflanzen- und Tierwelt. Es lässt sich zum Beispiel zwischen 6 und 10 Tausend Pflanzenarten zählen, von denen 4.400 endemisch sind. Darüber hinaus entspringen die größten Flüsse Brasiliens aus dieser tropischen Savanne: Amazonas, Tocantins, Paraná, Paraguai, São Francisco e Parnaíba.
Eine Person auf dem Treffen in Brasilia sprach von den Flüssen des Cerrados wie von den Fingern einer Hand. „Wenn man die Finger entfernt, verliert auch die Hand ihre Funktion.“ Im übertragenen Sinne bedeutet dies, dass die Flüsse von großer Bedeutung für Brasilien sind, weil sie als große Süßwasserreservoire dienen.

Neben der hohen Biodiversität, existiert auch eine kulturelle Diversität. Hier finden sich sowohl große Stadtzentren wie Brasília, als auch Dörfer der Indigenen und Quilombolas. Es gibt viele Menschen, die ökonomisch von den natürlichen Ressourcen des Cerrados, wie zum Beispiel der Palme Babaçu, dessen Nüsse immer noch in vielen Ecken traditionell von den quebradeiras, den „Brecherinnen“, geknackt und verwertet werden, abhängig sind.

2007 belief sich die Fläche für den Zuckerrohranbau im Cerrado auf 5,8 Millionen Hektar. Die Monokulturen bedrohen die Biodiversität und besetzen Flächen, die der lokalen Kleinwirtschaft nicht mehr zur Verfügung stehen. Neben dem Anbau von Zuckerrohr existieren noch andere Kulturen, wie Soja und Baumwolle, die ebenfalls ein Risiko für das Fortbestehen des Cerrados in der Zukunft darstellen.
Bild oben, Quelle: NASA

Freitag, 18. September 2009

Donnerstag, 17. September 2009

Interview mit Cesar Carneiro vom Staatssekretariat für Umwelt und natürliche Ressourcen von Maranhão (SEMA)

Herr Carneiro, gibt es seitens des Umweltsekretariats des Bundesstaates Maranhão eine politische Diskussion über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Zuckerrohranbau und dessen Folgen auf die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung in den Anbaugebieten?

Es gibt eine öffentliche Diskussion über den Pflanzenschutzmitteleinsatz und seine Folgen. Diese findet jedoch außerhalb des Sekretariats statt. Sie wird vor allen Dingen von den sozialen Organisationen, wie beispielsweise der Landlosenbewegung (Comissão Pastoral da Terra - CPT) und des Forums Carajás geführt.

Wurden seitens des Umweltsekretariats bereits Untersuchungen bezüglich des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln im Zuckerrohranbau vorgenommen?

Das Umweltsekretariat hatte die Möglichkeit zwei Ethanolproduzenten des Bundestaates Maranhão zu besuchen, das Unternehmen Agroserra mit Sitz in der Nähe von Balsas und die Firmengruppe João Santos, welche in der Nähe von Coelho Neto tätig ist. Bezüglich des Pflanzenschutzmitteleinsatzes wurden seitens des Umweltsekretariats keine Verwerflichkeiten festgestellt. Beide Firmen arbeiten diesbezüglich gesetzeskonform. Jedoch respektieren sie nicht die Gesetze zum Schutze der anliegenden Gewässer. Zwischen Plantage und Fluss muss laut brasilianischem Gesetz 100 Meter Abstand bestehen. Beide Unternehmen haben diesen Mindstestabstand nicht eingehalten.

Wurden von der staatlichen Seite Wasseranalysen bzw. Bodenanalysen vorgenommen, die Umweltverschmutzungen mit Pflanzenschutzmittel ausschließen?

Das Sekretariat hat keine Abteilung zur Analyse von Gewässer- bzw. Bodenverschmutzung. Für die Überwachung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ist die staatliche Organisation AGED (Agência Estadual de Defesa Agropecuária do Maranhão) verantwortlich. Diese Organisation ist zuständig für den Schutz der Flora und Fauna. Weiter überwacht sie die Firmen, die die Pflanzenschutzmittel verkaufen. Im Falle des Unternehmens Agroserra deckte die AGED eine Mißachtung der Gesetze bezüglich der Rückgabe der Pflanzenschutzmittel-Verpackungen auf. Laut brasilianischem Gesetz müssen diese zurückgegeben und recycelt werden. Die AGED entdeckte viele Verpackungen, versteckt unter Bäumen und in den Zuckerrohrplantagen. Daraus lässt sich jedoch keine Umweltverschmutzung ableiten. Dazu wären Wasser- bzw. Bodenanalysen notwendig.

Es gibt demnach keine Wasser- bzw. Bodenanalysen in Bezug auf die Kontamination durch Pflanzenschutzmittel?

Das Unternehmen Agroserra, welches im Einzugsgebiet des Flusses Itapecuru liegt, besitzt ein eigenes Labor, indem das Wasser des Flusses analysiert wird. Die Resultate dieser Untersuchungen bestätigen, dass der Fluss nicht mit Pflanzenschutzmitteln kontaminiert ist. Um den chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren, arbeitet Agroserra vermehrt mit biologischem Pflanzenschutz. Das Unternehmen bemüht sich demnach um eine umweltgerechte Produktion. Anders als die Unternehmensgruppe João Santos in der Nähe von Coelho Neto, welche konservativ produziert.

Glauben Sie, dass der Zuckerrohranbau und der damit verbundene Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eine große Gefahr für die Umwelt darstellt?

Die Zuckerrohrproduktion, ebenso der Anbau von Soja und Eukalyptus, ist beispielhaft für die Probleme, die mit dem Monokulturanbau einhergehen. Wobei in der Produktion von Soja mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt wird, als im Zuckerrohranbau. Im Zuckerrohrsektor sind vor allem negative soziale Folgen zu verzeichnen. Der vermehrte Einsatz von Maschinen und der damit verbundene Verlust von Arbeitsplätzen, aber auch die niedrigen Löhne und die gesundheitliche Gefährdung der Zuckerrohrschneider sind problematisch.

Gibt es derzeit seitens des Umweltsekretariats Bestrebungen mehr über die Folgen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln herauszufinden?

Derzeit gibt es keine Bestrebungen. Das Sekretariat ist eher gewillt, neue Arbeitsplätze im Zuckerrohrsektor zu schaffen. Für die Ausweitung des Anbaus von Zuckerrohr zur Ethanolherstellung sind in Maranhão noch große Flächen verfügbar.

Sollten es Ihrer Meinung nach in Zukunft Bemühungen geben? Wenn ja, welche?

Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand zwischen den Plantagen und Flüssen sollten eingehalten werden. Desweiteren gibt es bislang kein Gesetz zum Schutze der Bevölkerung in den Anbaugebieten und der anliegenden Verkehrsstraßen. Es sollten auch hier Mindestabstände formuliert werden, um eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung zu verhindern.

Mittwoch, 16. September 2009

Samstag, 15. August 2009

Die brasilianischen Gesetze zum Schutz der Umwelt sind mit die Besten der Welt, sie werden jedoch ignoriert!

Ein Interview mit dem Präsident der Organisation Funaguas, Judson Barras.


Die Organisation Funaguas führt einen juristischen Kampf gegen das internationale Unternehmen Bunge Alimentos. Das Unternehmen kontrolliert einen Großteil der Sojaproduktion in Maranahao und Piaui. „Von der Finanzierung des Anbaus, über die Ernte, bis zum Verkauf der Sojabohnen, liegt alles in den Händen des großen Unternehmens. Nachdem sich Bunge hier in Piaui niederließ, hat sich das Abholzen des Cerrados enorm ausgeweitet.“ erklärt uns Judson, der Präsident der Organsation. „Wir führen seit sechs Jahren einen Kampf gegen dieses Unternehmen und fordern, dass die Gesetze eingehalten werden.“


Brasilien hat gute Gesetze zum Schutz der Umwelt. Diese werden jedoch von den großen Unternehmen nicht akzeptiert. Laut Judson arbeiten die internationalen Firmen eng mit der lokalen Regierung zusammen. Diese Verstrickung führt dazu, dass Gesetze nicht eingehalten werden müssen, was sich im Falle der Soja- und auch der Zuckerrohrproduktion enorm auf die Umwelt auswirkt. „Die Firmen finanzieren die Wahlkämpfe der Politiker. Es ist ein korruptes System und erschwert unsere Arbeit enorm. Denn die lokale Regierung, die eigentlich zum Schutz der Region da ist, wurde zum Instrument der großen Unternehmen. So kann beispielsweise die Sojaproduktion im Namen der Bunge trotz prekären Umweltauswirkungen unter den gleichen Bedingungen weiterproduzieren.“


Die produzierten Sojabohnen der Region werden größtenteils ins Ausland exportiert und sind demnach für die Piaui kaum gewinnbringend. Holland beispielsweise, der größte Handelspartner, importiert brasilianische Sojabohnen und verarbeitet sie in Holland zu Futtermitteln weiter. „Dies hat etwas von kolonialen Strukturen: Brasilien exportiert die günstigen Rohstoffe und importiert für den eigenen Konsum die teuren Industrieprodukte. Dabei bleibt der dreckige Teil der Produktionskette in Brasilien“, äußert sich Judson. Denn die Sojaproduktion bringt viele negative soziale und ökologische Auswirkungen mit sich.


Die Sojaproduktion erfordert einen Boden mit geringem Säuregehalt. Die Flächen des Cerrados in Piaui sind jedoch durch den Monokulturanbau sehr sauer und einige Flächen sind bereits im Prozess der Desertifikation. So wird jährlich eine große Menge an Düngemitteln benötigt, um den Boden zu neutralisieren und den für die Produktion optimalen Säuregehalt aufrechtzuhalten. Eingesetzt wird ein Neutraldünger, eine basische Substanz der als Puffer dient.


Ein weiteres sehr ernstes Problem ist der große Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Da in den trockenen Monaten nicht genügend Regen fällt um die Pflanzen mit Wasser zu versorgen, findet die Sojaproduktion nur einmal im Jahr statt. Die Produzenten müssen somit die gesamte Jahresernte auf einmal einfahren. Um die maximale Produktionsmenge zu erhalten beanspruchen sie riesige Anbauflächen und setzen große Mengen an Pflanzenschutzmitteln ein. In der Anbauperiode zwischen Dezember und März werden die Pflanzen zwischen fünf und sechmal mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. „Sowohl der mehrfache Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, als auch die Bewirtschaftung enormer Flächen zur Produktionsoptimierung ist ein brutaler Prozess gegen die Umwelt“ sagt Judson. Denn mit dem Regen werden die Giftstoffe aus dem Boden ausgewaschen und gelangen mit dem Sickerwasser in die anliegende Gewässer. Von dieser Wasserverschmutzung sind vor allem Viehbauern betroffen, die in der Nähe von Großplantagen leben. Beispielsweise in einem Dorf namens „Sangue“, welches unterhalb einer großen Sojaplantage liegt, können fast keine Tiere mehr gezüchtet werden. Sobald es regnet fließen die Giftstoffe mit dem Sickerwasser in die Flüsse. Die Tiere trinken das Wasser und sterben. Die Folgen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes betrifft nicht nur eine kleine Region. Denn viele Dörfer und Gemeinden in der Nähe des Flusses Parnaíba und seinen Zuflüssen sind vom Monokulturanbau der Sojaproduktion betroffen.


Der Pflanzenschutzmitteleintrag hat auch direkte Auswirkungen auf die Fischpopulation. Bevor sich der Sojaanbau in dieser Region ausweitete, lebten die Personen fast ausschließlich vom Fischfang aus den Flüssen Parnaiba, Rio Preto und Rio Balsas. Heutzutage findet man kaum noch Fische in der Region. Der Pflanzenschutz-mitteleinsatz erschwert demnach das Überleben der Kleinbauern und verschlechtert die Situation der Fischer.
Auch die humane Gesundheit wird durch die toxischen Mittel gefährdet. Vor drei Jahren starben eine Reihe von Plantagenarbeitern, die Ursache wurde seitens der Regierung jedoch nie bekannt gegeben. Um einen Skandal zu verhindert beharrte die Regierung darauf, dass die Ursache des Sterbens unklar sei. „ Die Vereinigung der Landarbeiter des Bundesstaates Piauri hat Studien, die das häufige Auftreten von menschlichen Pflanzenschutzmittel – Vergiftungen in der Region bestätigen. Diese Studien wurden jedoch nie publiziert, sie werden seitens der Vereinigung bis heute als Druckmittel gegen die lokale Regierung eingesetzt, um sich beispielsweise finanzielle Vorteile zu verschaffen.“


Die öffene Diskussion über die Auswirkung des Soja- und Zuckerrohranbaus ist stark polarisiert. Auf der einen Seite stehen die internationalen Firmen, die, zusammen mit der lokalen Regierung die Meinung vertreten, dass der Bundesstaat Piauri durch den Großplantagenanbau profitiert und die Umweltauswirkungen als geringbedeutend einschätzen. Auf der anderen Seite stehen die brasilianischen NGO´s, wie beispielsweise Funaguas, die darum Kämpfen die ökologischen und sozialen Folgen des kontrollierten Anbaus durch Großunternehmen an die Öffentlichkeit zu tragen. Es gibt jedoch auch NGO´s, die die Meinung der internationalen Unternehmen unterstützen. WWF beispielsweise spricht sich durchaus positiv zu den Produktionen von Bunge Alimentos aus. „ Es ist ein weiteres großes Problem in Brasilien. Denn viele NGO´s werden von den Firmen finanziell unterstützt. So werden die Kampagnen der WWF in Piaui von der Bunge finanziert. Die Bunge zahlt der Organisation Geld, damit sie sich nicht negativ äußert.“


„Die Produktion von Soja in dieser Region, in den Händen des Unternehmens Bunge ist ein perverses System, ohne Überlegungen über die sozialen und ökologischen Folgen.“








Mittwoch, 12. August 2009

Ein Besuch in Coelho Neto




Coelho Neto ist eine Kleinstadt, am Rio Parnaíba gelegen, mit ca. 45 000 Einwohnern. Schon in den 60er/70er Jahren kamen Firmengruppen der Agrarindustrie hierher, um Zuckerrohr zur Produktion von Zucker und Alkohol anzubauen und Bambu zu pflanzen, eine Pflanze aus der sich Papier herstellen lässt. Als sie sich ansiedelten, gab es noch keine Gewerkschaft vor Ort, die diesen Prozess kritisch begleiten konnte. Diese gründete sich erst 1974. Anders also, als in der Gemeinde in Sao Benedito, die sich bis heute gegen den Aufkauf ihrer Flächen wehrt und dabei von der örtlichen Gewerkschaft unterstützt wird.

Seit 2006 hat die Papierfabrik in Coelho Neto geschlossen und die Ernteerträge der Firma gehen direkt nach Recife zur Weiterverarbeitung. In der Zuckerrohrindustrie liegt heute der Schwerpunkt auf der Gewinnung von Ethanol. Für den Anbau wurden damals weite Flächen gerodet. Heute erstreckt sich das Zuckerrohr über eine Fläche von … .

Früher dauerte die Ernte sechs Monate lang. Heute sind es nur noch drei, weil die Böden ausgelaugt sind und nicht mehr soviel wächst. Um das Zuckerrohr zu ernten, werden als erstes die messerscharfen Blätter verbrannt. Sie bleiben auf den Feldern als Dünger liegen. Die bei der Verbrennung entstehende Asche wird vom Wind bis an die Kleinstadt Coelho Neto, die von den Anbauflächen umschlossen ist, herangetragen. Erst dann wird das Zuckerrohr per Hand von Zeitarbeitern geschnitten. Auf Grund der Unebenheit der Böden in der Region kann für diese Arbeit keine Maschine eingesetzt werden. Da kleinste Mikroorganismen bei tropischen Temperaturen den Zucker (Saccharose) in der Pflanze in kurzer Zeit abbauen, muss das geschnittene Zuckerrohr innerhalb von vierundzwanzig Stunden zur Weiterverarbeitung in die Fabrik gebracht werden.

Nach der Ernte bleibt eine triste Landschaft von abgebrannten Böden zurück, auf denen das neue Zuckerrohr heranwächst. Die Quellen, in denen das Grundwasser aus der Erde tritt, um die Zuflüsse des Rio Parnaíba mit Wasser zu speisen, befinden sich mitten in den Plantagen. Dabei wurde der Mindestabstand von fünfzig Metern missachtet. Die Zuflüsse des Parnaíbas, die sich durch die Felder ziehen und auch der Rio Parnaíba selber, dienen dem Zuckerrohrunternehmen zur Bewässerung ihrer Felder. Teilweise werden dafür auch Wasserläufe umgelegt. Das hat zur Folge, dass vor allem die Zuflüsse weniger Wasser führen und es ist stark anzunehmen, dass das Wasser durch den Einsatz von Pflanzenschutzmittel verunreinigt ist. Den Arbeitern auf den Plantagen und auch den nicht weit von den Plantagen von Subsistenzwirtschaft lebenden Gemeinschaften, dienen die Quellen schon lange als Trinkwasser.